Exerzitien - mit Kind und Kegel

Erschienen in: Bayrisches Sonntagsblatt
Erschienen am:  09.06.1991

„Wer ist Gott für Dich?“, „Glaube macht gesund. Vergebung und Heilung in der Familie“, „Christlich streiten“, „Sexualität - ein guter Gedanke Gottes“, „Christliche Erziehung - Eltern als Glaubenstrainer“. Solche und andere Themen werden bei Familienerholungen in Vorträgen und Bibelarbeiten, in Kleingruppen, persönlichen Seelsorgegesprächen und Dialogen der teilnehmenden Ehepaare behandelt. Die persönlichen Erfahrungen werden im Licht der Heiligen

Schrift und der Lehre der Kirche betrachtet. Das Familienzentrum mit dem programmatischen Namen „Familien mit Christus“ vermittelt im Programm 1991 in 15 Veranstaltungen das christliche Verständnis von Ehe und Familie an Brautleute, Ehepaare und Familien mit Kindern jeglichen Alters. Es sind Bildungswochenenden, Exerzitien und Familienerholungen mit bis zu vierzehn Tagen Dauer.

 

Für einige hundert Paare war die Teilnahme an einem derartigen Kurs seit 1985 ein Aufbruch zu neuer Herzlichkeit in der eigenen Ehe und Familie. Damit verbunden war eine tiefere Beziehung zu Jesus Christus und der Gemeinschaft der Glaubenden, der Kirche. Die Mitarbeiter dieser Kurse sind Mitglieder der katholischen Familienlebensgemeinschaft „Familien mit Christus“ und Gastreferenten wie beispielsweise Eheberater, Priester, Pädagogen. Der Leiter des Hauses und der Lebensgemeinschaft, Diakon Franz-Adolf Kleinrahm, hat mit seiner Ehefrau seit 1985 bereits in zehn Diözesen in Österreich und Deutschland solche Familienexerzitien gehalten. Die Kinder und Jugendlichen werden durch Erzieherinnen und mitarbeitende Eltern betreut. Parallel zum Elternprogramm „sollen sie miteinander Jesus kennen und mit ihm leben lernen: in Spiel und Spaß, mit der Bibel und beim Beten, ausgelassen und besinnlich“, wie es im Jahresprogramm heißt.

 

Hauskirchen beleben die Gemeinden

Auftrag des Familienexerzitienhauses im Südteil der Diözese Regensburg ist es, lebendige Zellen kirchlicher Erneuerung zu fördern, aus denen für den einzelnen Christen und kleine Gemeinschaften missionarische Kraft erwächst. Bevorzugte Zielgruppe sind Ehepaare und Familien. Diakon Franz-Adolf Kleinrahm, 39, nennt als zentralen Impuls aller Veranstaltungen „die Hinführung zu einer persönlichen, freudigen, entschiedenen Hingabe an Gott. Es geht um die Vertiefung des Lebens aus der Taufe und dem Ehesakrament und die Ausrichtung des Lebens nach dem Evangelium.“ Das für jedes Christenleben grundlegende Sakrament der Taufe muß, so sage es das Gotteslob unter Nr. 44,2, in einer dem Alter entsprechenden persönlichen Glaubensentscheidung angenommen werden. So sei es zum Beispiel zur Vorbereitung auf das Sakrament der Ehe, welches sich die Brautleute als Christen gegenseitig spenden, wesentlich, sich persönlich zuerst nochmals an Gott festzumachen, bevor sie sich einander anvertrauen, sich einander schenken. Eine Erneuerung der Beziehung zu Gott sei auch nach vielen Ehejahren für zahlreiche Ehepaare Hilfe zum Gelingen einer manchmal auch gefährdeten Ehe gewesen. Dies könne geschehen in einem ausführlichen Beichtgespräch und in einer persönlichen Erneuerung des Taufversprechens sowie darauf aufbauend in der partnerschaftlichen Erneuerung des Eheversprechens. Solche liturgischen Vollzüge werden von den „Familien mit Christus“ als „Beitrag zu einer erneuerten Gesellschaft“ verstanden.

 

Bibelteilen in Familien

Neben der Bedeutung der Sakramente wird der regelmäßige persönliche Umgang mit der Bibel als Hilfe für das Gelingen christlicher Ehe dargelegt. Dabei hat das Bibelteilen, wie es von Missio - München verbreitet wird, einen hohen Stellenwert. Der Anschluß an einen Bibelkreis, der wöchentlich das Evangelium vom nachfolgenden Sonntag teilt, und die persönliche Bibellese werden als Hilfen zur Vertiefung der persönlichen Gottesbeziehung und der Gestaltung des Familienalltags dargestellt. „Entsprechend der Umkehrpredigt Jesu und der Lehre der Katholischen Kirche kann das normale Christenleben als Jüngerschaft bezeichnet werden. Jünger aber richten ihr Leben am Wort ihres Meisters aus und lesen seine Werke“, womit die Hl. Schrift und das „Gotteslob“ als Interpretation und Hilfe zum Glauben in dieser Zeit gemeint sind.

Angesichts von 130 000 Ehescheidungen in einem Jahr als Folge von gebrochener Kommunikation ist es wichtig, daß die Kurse die Ehepaare in ihrer Dialogfähigkeit stützen und fördern. Dies sei Aufgabe der Kirche, die nach ihrem im II. Vaticanum formulierten Selbstverständnis „Dialoggemeinschaft“ ist, als ganze im Dialog die Wahrheit sucht und auch in ihren Teilen wie den Familien als „Hauskirchen“. Diesem Ziel entsprechend können auch geschlossene Gruppen wie Familienkreise, Pfarrgemeinderäte, Bibelkreise zu Tagungen in das Familienzentrum kommen, das etwa 50 Betten bietet.

 

Zeugnis der Treue

Das Familienexerzitienhaus wurde am 1. Mai 1990 von Diözesanbischof Manfred Müller, der zuvor die Statuten der Gemeinschaft kirchenrechtlich anerkannt hatte, feierlich eingeweiht. Wirtschaftlich getragen wird das Haus von der dort wohnenden Familiengemeinschaft, durch Kurseinnahmen, Spenden und zinslose Privatdarlehen.

Die Lebensgemeinschaft besteht aus vier Familien mit insgesamt 15 Kindern im Alter von drei bis 14 Jahren. Mehrere Einzelpersonen leben ebenfalls mit. Diakon Kleinrahm, selber verheiratet und Vater von vier Kindern: „Wir haben jeder persönlich einen Weg mit Gott begonnen, gehen ihn als Ehepaare. Wir ringen als Gemeinschaft um den Weg, wie wir Kirche verbindlich miteinander leben können. Was wir als Familien in eigener Betroffenheit vor Gott erkannt haben, können wir auch anderen erzählen. Wir möchten evangelisieren durch das gelebte Zeugnis der Treue zu Jesus Christus.“

Zwei „Heiligenbrunner Familientage“ sollen aus einem Tagesausflug mit der ganzen Familie einen frohen geistlichen Festtag machen mit Lobpreis Gottes, geistlichem Vortrag, Familiengottesdienst, kreativem Tun und Austausch.

Das Jahresprogramm kann angefordert werden bei: Familien mit Christus, Heiligenbrunn, 8301 Hohenthann, Telefon 0 87 84/2 78.